“Die Finger werden erst nach zwei Wochen richtig sauber, dass dauert!”, als Ali das zur mir sagte, wusste ich, ich bin voll dabei und komme so schnell aus dem Schrauberfieber nicht mehr raus.

Als wir damals vom Fiat Doblo Hochdachkombi auf einen größeren Fiat Ducato umgestiegen sind, um unsere Reise fortzuführen, hätte ich nie gedacht, dass mich das mal irgendwann in einen interessierten Schrauber verwandelt. Eigentlich naiv von mir.

Jetzt einige Jahre nach unserer Reise, hatte ich das nächste Projekt am Start. Anfang des Jahres machte ich einen Bootsführerschein. SBF Binnen, SBF See, aber auch das nimmt kein Ende. Dazu kommt dann irgendwann noch der Funkerschein, Pyroschein etc. Und wer ein Boot hat, muss schrauben können. So jedenfalls mein Gedanke.

Aus Jucks sagte ich zu Tuncer am Telefon: “Eigentlich müsste ich mal ein paar Tage zu euch in die Werkstatt kommen, damit ich ein bisschen was über Motoren, Getriebe und so weiter lerne.”

Drei Wochen später stand ich in Rendsburg in der Werkstatteinfahrt.

Einfahrt zur Schrauber Zentrale – Rendsburg

Erstmal im Ruby Days (wo sonst?) was essen und trinken gehen, dann den Abend ausklingen lassen und dann morgen geht es los.

Die richtigen Klamotten hatte ich dabei. Arbeitshose, meine letzten, für solche Zwecke aussortierten Shirts, alte Schuhe. Ich wusste noch nicht, wie lange ich bleiben wollte. 5 Tage sind es dann geworden. Von Montag bis Freitag. Als Inhaber einer Foto- & Videoagentur konnte ich mir nicht unbedingt mehr Zeit erlauben. Aber die Zeit reichte!

Für die Woche ein Hauptprojekt und dann nebenher noch so das was anfällt. Das war der Plan. Getriebe. Peugeot J5. Geliefert auf einer Euro-Palette. Tuncer bereitet die Arbeit vor, schaute sich das Getriebe an. Musterte den Zustand. Ali und ich hatten den Auftrag das Getriebe zu überholen und für den Einbau fit zu machen. Ob man alles richtig gemacht hat, merkt man erst, wenn man es im Fahrzeug eingebaut hat, teilte er mir mit, als wir die ersten Schrauben lösten.

Ali und Ich am Getriebe Schrauben.

In der Vergangenheit habe ich schon einiges am Auto selbst gemacht. Ölwechsel, Kraftstofffilter tauschen, Reifen wechseln und so weiter. Das kann ich. Aber ein Getriebe auseinanderbauen und dann wieder so zusammensetzen, dass es auch funktioniert, hätte ich mir jetzt nicht allein zugetraut.

Egal. Wenn was kaputt geht, liegt irgendwo in der Werkstatt oder auf dem Hof genau das Teil was man braucht rum. Man muss es nur finden, ausbauen und wieder einbauen.

Nach dem wir eine kurze Zeit mit unserem J5 Getriebe verbracht hatten, wussten wir schon, dass wir einige Teile bestellen mussten. Also rein ins Internet, Teile bestellen und dann auf zum nächsten Projekt.

Die einfachen Sachen: Ölwechsel, Bremsflüssigkeit und Co.

Das Schöne, an der Schrauber Zentrale ist eigentlich, dass man immer die gleichen Fahrzeuge repariert. Fiat Ducato 280 / 290, sowie die neueren Modelle, Peugeot J5, Citroën C25. Dazu die Ausbauten – ganz stark vertreten der Hobby 600. Erstmal Ölwechsel machen. Kann ich. Aber auch hier konnte ich was lernen. Festsitzende Schrauben lösen sich mit einem leichten Schlag auf das Schlüsselwerkzeug, Einfüllen des Öls ohne zu Verschütten, richtiges Prüfen des Ölstands. Das wars. Nächstes Fahrzeug.

Der Ölwechsel war wohl die leichteste Übung

Hobby 600 – TÜV-Bericht liegt bei. Bremskraft nicht ausreichend, Licht für Rückwärtsgang ohne Funktion, Klackern im Motorraum. Die Liste war lang.

Wir machten uns an die Arbeit. Bremsflüssigkeit überprüfen, nachfüllen und anschließend Bremsen entlüften. Das heißt, Druckgerät anschließen, unter das Auto kriechen, kleine Mini-Schrauben lösen, bis die Flüssigkeit blasenfrei herausfließt, dass alles mal vier. Einmal für jedes Rad.

Eigentlich einfach, wenn man weiß wie und das passende Werkzeug hat. Dann Pause. Frühstück, weiter arbeiten, Mittag, dann Feierabend.

Der nächste Tag

Weiter geht’s mit Hobby 600. Warum leuchtet das Licht für den Rückwärtsgang nicht? Wir gehen systematisch vor.

  1. Ist die Birne in Ordnung? Ja.
  2. Kommt Strom an? Nein.
  3. Warum nicht? Massefehler? Nein.

Dann liegt das Problem weiter vorne. Ein Blick auf das Getriebe, in dem der Sensor für die Rückwärtsgangbeleuchtung steckt, bringt Klarheit. Ein Bündel aus Klebeband, Kabeln und Steckern könnte der Ursprung des Problems sein.

Wir friemeln alles auseinander und verbinden alles in ordentlicher Weise neu. Ali steigt ins Fahrzeug und legt den Rückwärtsgang ein. Ich stehe hinten und prüfe die Funktion. Es leuchtet weiß. Es funktioniert.

Ein Blick in den Motorraum

Nächstes Problem ist das Klackern des Motors auch im Stand. Tuncer, Ali und ich stehen vor dem Motor-Raum und lauschen. Ein gezielter Blick der beiden Wohnmobilprofis in den Motor-Raum lüftet das Geheimnis. Ein Kabel lag zu nah am Riemen der Lichtmaschine und knallte immer wieder gegen den Motorblock.

“Die reiben sich dauernd frei, wenn man die nicht richtig fixiert.”, teilte mir Ali mit während mit beiden Händen im Motor-Raum steckte.

Auch das Problem wäre nun gelöst. Bleibt noch der letzte Punkt auf der Liste. Lüftung ohne Funktion. In der Tat funktionierte der Lüfter nicht, wenn man den dafür vorgesehen Schalter betätigte. Tuncer rüttelte am Lüftergehäuse, dann am Kabel, für kurze Zeit drehte sich der Lüfter. Kabel kaputt?

Tuncer fragt sich, woran es liegt, dass der Lüfter nicht funktioniert.

Wir überbrückten, um den Fehler auszuschließen. Keine Änderung. Wieder gerüttelt, Lüfter läuft! Aber nur für kurze Zeit. Also doch nicht das Kabel, Relais oder Schalter. Lass uns mal den Lüfter ausbauen, sagte ich naiverweise. Erst die Schraube, dann die Schraube, dann diese Klemme. Das Lüftergehäuse war trotzdem fest.

Ali ahnte schon, was uns bevorstand. Ich hatte keine Ahnung.

Im Handbuch stand, dass die ganze Innenverkleidung erst demontiert werden musste, bis man an den Lüfter rankommt. Dieser kleine Exkurs dauerte mehrere Stunden. Als wir den Lüfter dann endlich in der Hand hielten, wollten wir dann doch schon wissen, was genau das Problem ist.

Oft werden Teile einfach blind getauscht. Funktionsloses wird weggeworfen und durch brandneue Teile ersetzt.

Ein Blick in den Elektromotor offenbarte verschleißte Kohlebürsten. Es gab nun drei Möglichkeiten:

  1. Versuchen, genau passende Kohlen für den Elektromotor zu besorgen. Unwahrscheinlich, da altes Modell.
  2. Einen neuen Motor kaufen für teures Geld.
  3. Den Motor aus einem Spenderfahrzeug, welches Tuncer praktischerweise am vergangen Sonntagabend erstanden hatte, ausbauen und hoffen, dass es dann funktioniert.

Nachdem wir online nach einem neuen Motor und oder Kohlen gesucht hatten und uns über die Preise der knappen Ersatzteilsituation aufgeregt hatten, entschieden wir uns für Option 3.

Also das ganze Spiel noch mal. Die Schraube hier, die Klemme da und dann die Verkleidung ab. Jetzt wussten wir ja, wie es geht. Lüftermotor raus und in den Hobby 600 rein, alles anschließen, Funktion testen – läuft!

Eine Erleichterung, denn jetzt konnte das Fahrzeug endlich zum TÜV und der Besitzer in den Urlaub.

Was man in fünf Tagen lernen kann? Eine ganze Menge.

So ging es eigentlich jeden Tag weiter. Problem erkennen, Lösung suchen, einbauen fertig. Zwischendurch die Arbeiten am Getriebe. Eben so wie die Teile eintrafen. Am Freitag wurde es sogar fertig und war bereit zum Einbau.

Nach fünf Tagen hatte ich erst mal genug gelernt. Ich war bereit, um zurück in meinen Beruf zu kommen. Die Eindrücke und Fotos der letzten Tage zu bearbeiten und diesen Bericht zu schreiben. Mehr Zeit konnte ich mir auch nicht leisten. Ich war hier bei mir genau so gefragt wie die Schrauber Zentrale in Rendsburg. Wenn man Wohnmobile stapeln könnte, dann hätten wir es gemacht.

Was ich an meinem Job liebe ist, dass ich jeden Tag in die Welt anderer Menschen eintauchen kann. Die Tage in der Schrauber Zentrale waren bestimmt nicht meine Letzten. Denn irgendwann kommt der nächste Fiat Ducato zu mir und ein Segelboot ganz bestimmt.

Und wer weiß, wenn ich nicht ein Medienfuzzi wäre, dann wäre ich vielleicht Wohnmobilschrauber geworden.

Über den Autor:

Denis Sandmann ist als Social Media Fotograf für verschiedene Unternehmen tätig. Immer auf der Suche nach der nächsten Story. Auf der Website www.sandmann.co sowie auf Instagram,  sind aktuelle Projekte des Autors zu finden.